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Erstellt mit StableDiffusionXL
27.04.2024

Das Chaos der Notizarten oder warum flüchten Notizen

Je mehr ich mit den Themen Wissensmanagement, Zettelkasten, Second Brain und den daraus vielfältigen Abwandlungen beschäftigt habe, desto größer wurde die Verwirrung. So viele unterschiedliche Begrifflichkeiten und Bezeichnungen von Zetteln / Notizen. 

Lag sicherlich auch daran, dass ich die Informationen sowohl aus dem englisch-sprachigen Raum, als auch aus deutschen Quellen habe. 

Und einige Begriffe ganz unterschiedlich übersetzt und verwendet werden.

Hier nun mein Versuch der Klärung, was es mit diesen vielen Begriffen auf sich hat, die sich im Themenumfeld "Zettelkasten" so finden.     

[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]

Main Note

In der direkten Übersetzung wird daraus Haupt-Zettel. Eigentlich nichts weiter als ein "Zettel" oder digitale Notiz auf der Gedanken vermerkt werden.
Diesen Zettel gibt es in zwei zeitlichen Ausprägungen

Fleeting Note / flüchtige Notiz

Die flüchtige Notiz sind spontane Aufschriebe, einzelne Gedanken, die ich mir irgendwo vermerke. Sie sind oft unstrukturiert und dienen dazu, kurzfristig Informationen festzuhalten, die später überprüft, überarbeitet oder weiterentwickelt werden müssen.

Sie können vorübergehend sein und nach einer bestimmten Zeit verworfen oder gelöscht werden, sobald sie ihren Zweck erfüllt haben.

Permanent Note / permanente Notiz

Dagegen schafft es die permanent note dauerhaft in das Wissensmanagementsystem und verbleibt dort auch. 

Diese Notiz  wird in der Regel sorgfältiger ausgearbeitet, strukturiert und organisiert, um als Teil eines Wissenssystems wie einem Zettelkasten oder einem persönlichen Archiv dienen zu können.

Beide Begriffe sagen also etwas über die "Speicherdauer" oder auch "Lebenszeit" einer Notiz aus.

Jetzt kommen wir zur inhaltlichen Unterscheidung

Atomic Note

Der Begriff der Atomic Note ist dagegen auf den Inhalt der Notiz bezogen. Um Gedanken in unterschiedlichen Kontexten und flexibel miteinander verknüpfen zu können, sollte auf einen Zettel / eine Notiz nur jeweils ein abgeschlossener Gedanke. Damit sollen die Zettel dann nachher Bausteine werden, die zu größeren Gedankengängen verknüpft werden. Sie sollten so formuliert werden, dass man auch in der Zukunft noch weiß, was man damit ausdrücken wollte. Meist ausgedrückt mit dem Hinweis, schreibe die Notiz an Dein Zukunfts-Ich.

Literature Note / Literatur Notiz

Auf dieser Notiz / Zettel werden Angaben zur Quelle und den Inhalt vermerkt. Das kann ein Buch sein, ein Artikel oder auch ein Vortrag.
Sollte man aus seinen Notizen (wissenschaftliche) Artikel, Bücher oder ähnliches entwickeln, sollten natürlich alle bibliographischen Informationen enthalten sein, die man später für eine saubere Quellenangabe auch braucht.

Wenn man digitale Medien liest, gibt es eine Reihe von sehr hilfreichen Tools wie Readwise, Citavi oder auch Zotero und viele mehr, die hier hervorragend unterstützen und als "Bibliothek" verwendet werden können.

Um seine Zettel wieder zu finden, gibt es eine Art Struktur, d.h. zur Verwaltung des Zettelkastens oder auch um einen Überblick zu behalten dienen die folgenden Notizen

Reference Note / Structural Notes / Referenznotizen

Das sind Notizen, die Links auf andere Notizen im Zettelkasten beinhalten. Sie dienen als Einstiegspunkt um von dort mithilfe der verlinkten Angaben weiter geleitet zu werden.  

Index Notes / Indexnotizen

Das sind tatsächlich Inhaltsverzeichnisse bzw. Auflistung von Schlagworten mit entsprechenden Hinweisen auf dazu gehörige Zettel 

Bei beiden Notizarten wird auch teilweise von sogenannten MOCs, also Map of Content gesprochen.


Die Notizarten unterscheiden sich also hinsichtlich

  • Zeitlicher Dauer
  • Inhalt und
  •  ich nenne sie mal "Hilfsnotizen"


Niklas Luhmann verwendete für seinen Zettelkasten vier Arten von Zetteln

  1. seine Literaturnotizen auf denen er in kurzen Stichworten Gedanken zur Quelle vermerkte und vorne die bibliographischen Daten vermerkte.
  2. seine eigentlichen "Gedankenzettel" auf denen er eigenständige Gedanken oder auch Widersprüche zu bereits existierenden Zetteln aufschrieb. Und darauf auch auf andere Zettel verwies.
  3. Registerzettel / Strukturnotizen auf denen er eine Art thematische Übersicht vermerkte und somit eine Art Rubrik geschaffen hat
  4. Schlagwortregister wo er hinter dem Schlagwort wenige Systemstellen vermerkte. Sie dienten ihm lediglich dazu, einen Einstieg zu finden und die weiteren Gedanken fand er dann über die Verlinkungen auf den Zetteln.

Sein Begriff des Folgezettels bezieht sich rein auf den Standort des Zettels. Für Luhmann war es ungemein wichtig, dass ein neuer Zettel zwingend eine Anknüpfung an mindestens einen Zettel hatte, also den vorherigen Zettel und damit anders herum formuliert, jeder Zettel war ein sogenannter Folgezettel, der einen direkten Bezug / Verlinkung zum vorherigen hat. 

Die Anforderungen an die oben genannten "Strukturzettel" sind in einem analogen Zettelkasten sicherlich größer als im digitalen, da hier mit der Suchfunktion vieles wieder gefunden werden kann. 

Die oben verwendeten Reference Notes verwendet ich zum Beispiel nur bei bestimmten Themen und da ich meine Notizen an einem Ort in Obsidian, einer "Notizsoftware" verwalte, verlasse ich mich auf die Suchfunktion und meine eigenen Tags, die ich in jeder Notiz setze.

 Warum also kompliziert, wenn es auch einfach geht...und wie vieles andere auch, gibt es auch hier unterschiedliche Strömungen und Meinungen. Wurde eine lange Zeit von vielen die Notizen, die nur einen Gedanken enthalten (Atomic Note) propagiert, geistert gerade die Empfehlung zu "Mini-Essays" durchs Netz.

Wie immer auch hier: es das eigene Wissensmanagementsystem und damit sollte es den eigenen Bedürfnissen und Arbeitsweise entsprechen. Es hängt ja auch immer davon ab, wofür man seine Notizen / Gedanken / Informationen sammelt.