Willkommen in der Welt des Informationsoverload - Dem Tsunami an Wissen
Hast du jemals das Gefühl gehabt, von der Vielzahl an Informationen überwältigt zu werden? Willkommen in der Welt des Informationsoverloads, einer spannenden Herausforderung der Digitalisierung. In unserer heutigen Gesellschaft sind wir ständig von Informationen umgeben, sei es durch soziale Medien, Nachrichtenportale oder die unendlichen Weiten des Internets. Diese Informationsfülle bietet uns großartige Möglichkeiten zur Weiterbildung und Vernetzung. Doch wie beeinflusst dieser Überfluss an Informationen unser Denken, unsere Produktivität und sogar unsere psychische Gesundheit? Welche Auswirkungen hat dieser Informationsoverload und wie finden wir einen klugen Umgang mit dieser Informationsflut?
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Was ist Informationsoverload
Informationen bereitzustellen und zu teilen, ist heutzutage nahezu kostenfrei. Damit bietet sich eine große Möglichkeit sein Wissen zu erweitern. Dabei kann die überwältigende Anzahl von Informationen aber auch unsere Verarbeitungskapazität überfordern. Relevante Informationen zu finden und zu nutzen, ist dann nur noch eingeschränkt möglich und es kommt zu einem Informationsoverload, einer Reizüberflutung.
Das hat diverse Auswirkungen, die wir im folgenden betrachten.
Wirtschaftlicher Faktor des Informationsoverloads
Herbert A. Simon (1916-2001), ein Nobelpreisträger und ehemaliger Wirtschaftsprofessor an der Carnegie-Mellon-Universität in Pittsburg, USA hat sich vermutlich als erster mit dem Begriff der Aufmerksamkeitsökonomie beschäftigt.
In einem Vortrag "Designing organizations for an information rich world", den Simon 1969 gehalten hat, verwendete er zur Erklärung ein Beispiel mit Kaninchen.
Sein Nachbar hat zwei Kaninchen gekauft, die sich dann vermehrt haben und fortan lebte man in einer kaninchenreichen Welt. Er führte weiter aus, dass dies nun eher eine relative Angelegenheit ist (außer man mag so gar keine Kaninchen). Kaninchen brauchen Nahrung (Salat oder Gras) und damit ist eine kaninchenreiche Welt eine salatarme Welt und umgekehrt. "Die Kehrseite eines Populationsproblems ist ein Knappheitsproblem – daher ein Ressourcenallokationsproblem. Es gibt nur eine begrenzte Menge Salat, und dieser muss irgendwie unter den Kaninchen verteilt werden." (Simon, 1969)
Wenn wir heute über eine informationsreiche Welt sprechen, müsste es - verglichen mit dem Beispiel der Kaninchen - einen Mangel an etwas anderem geben. Eine Knappheit an etwas, was diese Informationen benötigen. Eindeutig brauchen Informationen die Aufmerksamkeit der Empfänger der Informationen. Daraus folgt, dass ein Überfluss an Informationen einen Mangel an Aufmerksamkeit auslöst. Dies führt zu der Notwendigkeit die Aufmerksamkeit effizient auf die Informationskanäle zu verteilen, die diese Aufmerksamkeit mit immer raffinierten Methoden auf sich ziehen. Man denke nur an die Algorithmen, die uns Stunde um Stunde in den Sozialen Medien fesseln und von einer Information zu nächsten Information springen lassen. Wir sind fast süchtig nach Informationen geworden.
Interessanterweise hat sich auch der Begriff "rabbit hole" in diesem Zusammenhang durchgesetzt. Ob das auf den Vergleich von Simon zurückgeht, kann ich allerdings nicht beantworten.
Simon spricht in dem Kontext von der Aufmerksamkeitsökonomie. Unsere Aufmerksamkeit bzw. Zeit wurde zu einem Wirtschaftsgut. Wer kennt nicht den Spruch "Zeit ist Geld".
Die Aufmerksamkeitsökonomie befasst sich also mit der Frage, wie wir unsere begrenzte Aufmerksamkeit effektiv einsetzen können, um die Informationsflut zu bewältigen und unsere Produktivität zu steigern.
Es ist also nicht nur ein persönliches "Problem" wie wir mit den vielen Informationen umgehen, sondern hat auch eine wirtschaftliche Komponente. Die Kosten, Informationen zu produzieren, sind nahezu auf Null gesunken. Man muss allerdings auch die Kosten betrachten, die dem Empfänger entstehen, um diese Informationen zu verarbeiten.
Persönlicher Faktor des Informationsoverload
Der Informationsoverload hat auch Auswirkungen auf unsere kognitive Verarbeitung. Unsere Aufmerksamkeitsspanne ist begrenzt, und wenn wir mit zu vielen Informationen gleichzeitig konfrontiert werden, fällt es uns schwer, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dies kann zu einer geringeren Konzentration, verminderter Gedächtnisleistung und einer erschwerten Entscheidungsfindung führen. Siehe hierzu auch den Beitrag zu Paradox of Choice.
Menschen sind - entgegen aller Mythen - "Ein-Ding-auf-einmal-Verarbeiter". Sich mit mehreren Dingen gleichzeitig zu beschäftigen, bedeutet nur, dass unser Gehirn permanent zwischen diesen Dingen wechselt und nicht, dass wir sie parallel verarbeiten können. Da wäre jetzt allerdings ein ganz eigenen Blog wert und würde hier zu weit führen.
Der positive Effekt, dass wir uns mit dem Zugriff auf das "Wissen der Welt" im Internet bilden und gut informieren können, hat auch einen negativen Effekt und kann zu einem Aufmerksamkeitsmangel führen.
Gesellschaftlicher Faktor des Informationsoverload
Neben dem wirtschaftlichen und persönlichen Faktor gibt es auch gesellschaftliche Auswirkungen.
Bereits Simon wies auf die Bedeutung der Auswahl und Filterung von Informationen hin. In einer Welt, in der uns unzählige Informationen zur Verfügung stehen, wird die Fähigkeit, relevante und hochwertige Informationen von irrelevantem Lärm zu unterscheiden, zu einer wertvollen Fähigkeit. Fake News und Desinformation können sich leicht verbreiten, und die Überlastung mit Informationen kann zu einer verringerten Glaubwürdigkeit von Informationen führen. Daher bedarf es einer bewussten "Steuerung" der Informationen und eines kritischen Umgangs damit, um zu vermeiden in eigenen Informations-Bubbles zu bleiben, ohne den Blick auch auf angrenzende oder auch widersprechende Informationen zu werfen.
Fazit
Bereits Simon hat sich also damit 1969 beschäftigt, wie wir mit der Informationsflut umgehen sollten. Er beschrieb, dass es davon abhängt, wie gut es uns gelingt - er bezog es damals auf Computer - die eigene Aufmerksamkeit auf folgende vier Tätigkeiten zu verteilen: Zuhören, Speichern, Nachdenken und Sprechen.
Wenn wir jetzt den Bogen schlagen zu den Methoden im Bereich Wissensmanagement, kommen wir wieder auf die wesentlichen Elemente zurück, die heute in diesem Kontext beschrieben werden:
- Aufnehmen von Informationen
- Organisieren von Informationen
- Verarbeiten der Informationen
- Output aus diesen Informationen generieren
Beschrieben in Was ist Wissensmanagement und reicht dafür ein Tool und auch vorgestellt in der Buchempfehlung "Building a second Brain" von Tiago Forte.
Ich würde noch um ein weiteres Element erweitern und zwar bewusstes Aufnehmen von breiten und fundierten Informationen. Sich also immer mal wieder aus der eigenen Informationsblase lösen und nach seriösen Quellen suchen.
Simon formulierte es folgendermaßen (ins Deutsche übersetzt):
Ein System - Simon nannte es ein Intelligenzsystem, entweder digital oder menschlich - dient nicht dazu, uns mit Informationen zu versorgen, "sondern es von der überreichen Informationsumgebung, in der es sich befindet, abzuschirmen. Informationen müssen nicht beachtet werden – und schon gar nicht sofort – nur weil sie in der Umgebung existieren. Das Entwerfen eines Intelligenzsystems bedeutet, zu entscheiden, wann Informationen gesammelt werden sollen (vieles davon wird in der Umgebung unbegrenzt verfügbar bleiben, wenn wir es jetzt nicht ernten wollen), wo und in welcher Form sie gespeichert werden sollen, wie sie überarbeitet und verdichtet werden sollen, wie sie indexiert werden sollen, um den Zugang zu ermöglichen, und wann und auf wessen Initiative sie an andere weitergegeben werden sollen.
Ein Intelligenzsystem nach dem Prinzip zu entwerfen, dass Aufmerksamkeit knapp ist und geschont werden muss, unterscheidet sich grundlegend von der Gestaltung nach dem Prinzip „je mehr Informationen, desto besser“ (Simon, 1969, S. 12)
Indem wir unser Bewusstsein für die Aufmerksamkeitsökonomie schärfen, können wir lernen, unsere Aufmerksamkeit bewusst auf die Dinge zu lenken, die uns wirklich wichtig sind, anstatt uns von der Informationsflut treiben zu lassen. Durch den Einsatz moderner Techniken und Werkzeuge zur Informationsverwaltung können wir die Vorteile der Digitalisierung optimal nutzen. So haben wir nicht nur die Möglichkeit, effizienter zu arbeiten und informierter zu sein, sondern auch unsere kreative und intellektuelle Entwicklung voranzutreiben. Letztendlich liegt es in unserer Hand, die Informationsvielfalt als Chance zu begreifen und sie zum Vorteil für unser persönliches und berufliches Wachstum zu nutzen. Mit der richtigen Herangehensweise können wir die Informationsflut meistern und dabei sogar profitieren.